John – Der Hund, mit dem alles anfing
Schon früh hatte ich den Wunsch nach einem eigenen Hund. John trat als ich 19 war durch einen glücklichen Zufall in mein Leben, als ich meinen Bruder auf einem Bauernhof abholte. Als kleinster von neun Welpen war er zurückhaltend und der einzige, der nicht direkt auf mich zuging. Also nahm ich mir Zeit, mich mit ihm zu beschäftigen und nach einer Weile spürte ich eine besondere Verbindung zwischen uns. Es war, als hätten sich zwei Seelen gefunden, die zusammengehören. Ja, das mag kitschig klingen, aber genau so fühlte es sich an.
Zu dieser Zeit war mein Leben eigentlich völlig unpassend für einen Welpen, aber ich setzte alles in Bewegung, um es passend zu machen. Mit viel Unterstützung von Freunden und meinem Vater gelang es mir, John in mein Leben zu integrieren. Von Anfang an war er ein äußerst kluger und eigenwilliger Hund, der es vorzog, seine eigenen Entscheidungen zu treffen. Er war nicht der Typ Hund, dem man einfach etwas vorschreiben konnte – man musste ihn überzeugen.
Viele Menschen in meinem Umfeld sagen, dass wir zusammen erwachsen geworden sind und das stimmt wohl. Die ersten Jahre waren chaotisch, aber ich hätte niemals daran gedacht, John aufzugeben. Stattdessen begann ich, hart an mir selbst zu arbeiten, Verantwortung für ihn und mich zu übernehmen. Wir wuchsen zu einem unschlagbaren Team zusammen.
Während meiner Ausbildung konnte ich mir keine Betreuung für ihn leisten und da John sich zuweilen unverschämt verhielt, durfte er nicht mehr mit zur Arbeit. Zum Glück fand ich eine Hundetagesstätte, in der ich im Gegenzug für seine Betreuung arbeiten konnte. So lernte ich nicht nur viel über John, sondern entdeckte auch meine Leidenschaft für die Arbeit mit mehreren Hunden. Es dauerte nicht lange, bis ich selbst zum Mehrhundehalter wurde.
Als wir später umzogen und keine Betreuung mehr notwendig war, begann ich, Hunde aus der Nachbarschaft und aus dem Tierschutz auszuführen. Es war mir mit nur einem Hund einfach zu langweilig. Wir hatten viele Pflegehunde und irgendwann kamen auch Zoe und Maila zu uns. Zudem begann ich mit John in der Rettungshundestaffel zu arbeiten, was uns viele unvergessliche Jahre bescherte.
John war ein unglaublich souveräner Hund mit einer beeindruckenden Fähigkeit, andere Hunde zu lesen und angemessen zu reagieren. Er konnte mir durch seine Reaktionen zuverlässig alles über sein Gegenüber mitteilen und brachte selbst die größten Raufbolde dazu, sich angemessen zu verhalten, ohne jemals sein Gesicht zu verlieren. In den ersten Jahren verließ ich mich stark auf seine Einschätzungen und lernte dadurch unglaublich viel. Als ich dann das erste Mal ohne ihn in Bulgarien Hunde einschätzen musste, wurde mir klar, wie viel er mich gelehrt hatte – mehr als jedes Seminar oder Fachbuch es je könnte.
Hunde wie John sind äußerst selten. Er war ein echtes Leittier: klar, bedacht, ein Teamplayer, aber auch unabhängig und eigensinnig. Diese Eigenschaften lernte ich sehr zu schätzen und bis zuletzt arbeiteten wir eng zusammen, sei es in der Rettungshundestaffel oder bei der Resozialisierung und Erziehung anderer Hunde. Es war, als könnten wir die Gedanken des anderen lesen und oft fühlte es sich nicht an, als wäre ich mit einem Hund unterwegs, sondern mit einem echten Freund.
Johns Tod mit gerade einmal 11 Jahren traf mich hart. Er hat bis zuletzt gekämpft, doch am Ende mussten wir uns verabschieden. John war der beste und engste Freund, den ich je hatte. Er hat so viele Spuren hinterlassen, so viele Geschichten geschrieben und das Leben vieler Menschen und Hunde verändert. Und er hat mir geholfen ein besserer Mensch zu werden. Die Entscheidung, damals nicht auf meinen Kopf zu hören und diesen kleinen, besonderen Welpen mitzunehmen, war die beste meines Lebens. John hat mein Leben verändert und ohne ihn wäre ich heute nicht da, wo ich jetzt bin. Ich bin unendlich dankbar für die 11 besten Jahre an seiner Seite. John war mehr als nur ein Hund – er war mein Seelenpartner.
Ich könnte wohl Bücher über ihn schreiben und doch würden Worte ihm niemals gerecht werden. Aber ich bin dankbar, dass ich diesen außergewöhnlichen Hund in meinem Leben haben durfte.